Heute früh gab es erstmal kein Blut abzunehmen - und bei der Visite gab es auch keine großen Auffälligkeiten. Die einzige Besonderheit war, dass ein 13 jähriges Mädchen, welche am Wochenende eine Appendektomie (Blinddarm-OP) hatte, heute plötzlich über 39°C Fieber hatte - dabei ging es ihr klinisch richtig gut: keine Schmerzen, kein Schwächegefühl und einen guten Appetit. Auch im Ultraschall konnte man keine freie Flüssigkeit (Hinweis für eine Entzündung) oder andere pathologische Befunde entdecken - somit bleibt der Fieberschub vorerst ein Rätsel. Vorsorglich wurde trotzdem ein Breitband Antibiotikum und Paracetamol zur Fiebersenkung angeordnet.
Bevor die ersten Neuaufnahmen kamen, habe ich dann schon mal einen Entlassungsbrief diktiert.
Der erste neue Patient war wieder einmal ein Schilddrüsen-Fall; vom Laborbefund her sogar mit hyperthyreoter Stoffwechsellage (Schilddrüsenüberfunktion) - da der Patient aber klinisch völlig unauffällig war, kann morgen wie geplant die totale Thyreoidektomie (Schilddrüsenentfernung) erfolgen.
Die nächste Patientin war dann eine Galle - und sie passte nun mal garnichts ins typische Risikoprofil von Gallensteinen. Im Medizinstudium lernen wir bei Gallen immer die 5 F's: female, fat, fertile, forty, fair (weiblich, übergewichtig, fruchtbar, 40 Jahre alt, hellhäutig bzw. blond). Diese Patientin war aber erst 20 jahre jung, richtig schlank und ohne sonstige Vorerkrankungen. Da sie aber seit wenigen Monaten starke Beschwerden hat, erflgt morgen die Cholezystektomie (Gallenblasenentfernung).
Als nächstes kam dann ein Patient mit einem Hautabszess an der Brust - das aufwändigste hierbei war dann blos die ganzen Nebenbefunde abzuarbeiten und die lange Medikamentenliste zu übertragen. Dennoch hatten wir dann ein interessantes Gespräch, weil der Patient vor Jahren selbst Medizinstudenten unterrichtet hat: der Patient war Biochemiker an einer Uni. Lustigerweise kannte er dann auch meine Biochemie-Dozenten von meiner Uni, so dass man so einiges zu erzählen hatte.
Als letzte Neuaufnahme kam dann eine Patientin mit einer "frischen" Krebsdiagnose: Darmkrebs. Bei ihr erfolgt dann morgen eine Hemikolektomie rechts (halbe Darmentfernung). Auffällig war eine ausgeprägte Ptosis (herabhängendes Oberlid) am rechten Auge. Auf Nachfrage erzählte sie dann, dass sie vor einigen Jahre einen Herpes Zoster Oticus und Ophthalmicus hatte (hierbei handelt es sich um eine Reaktivierung der Windpocken-Viren, die nach jeder Infektion ein Lebenlang im Körper verbleiben, und dann irgendwann einmal im Leben in Form einer Gürtelrose wieder auftreten können - in ihrem besonderen Extremfall wurde dabei das Ohr und das Auge betroffen). Die Ptosis ist also eine direkte Folge davon. Sie hatte auch eine Fazialisparese (Lähmung des Gesichtsnerves, da dieser unmittelbar neben dem Ohr aus dem Schädel hervortritt), die glücklicherweise wieder vollständig zurückgegangen ist. Hier war es dann das erste Mal, dass ich bei der Untersuchung allerlei Gesichtszüge (Grinsen, Backen aufblasen, Augen fest zukneifen, Stirn runzeln) von der Patientin verlangt habe um eine Fazialisparese auszuschließen. Auch der Rekord an Blutröhrchen wurde bei ihr gestellt - ganze 6 Blutröhrchen musste ich von der Frau abzapfen.
Nach dem Essen in der Kantine gab es dann der großen Umzug.
Mein Umkleideraum, welcher auch so ein schöner Ruheraum mit Bett und Computer gewesen ist, wo ich zu Beginn meines PJs mit den anderen Studentinnen immer Karten oder "wer bin ich?" gespielt habe, dieser schöne Raum wurde aufgelöst... - und ich musste ich einen alten, modrigen, sanierungsbedürftigen, stinkigen kleinen Raum ziehen. :(
Na gut, es sind ja jetzt eh meine letzten 5 Wochen.
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