4:15 Uhr wäre es nach der Winterzeit gewesen als mein Wecker um kurz nach 5 geklingelt hatte. So früh musste ich schon lange nicht mehr aufstehen, und draußen war noch alles dunkel. So werden wohl allerdings meine künftigen Aufstehzeiten aussehen wenn ich nun zu meinem neuen Tertial in ein kleines Kreiskrankenhaus pendeln werde. Für die Bahnfahrt habe ich mir auch reichlich Reserve eingeplant, die heute auch absolut notwendig war. Kaum war ich im Zug hörte ich die Ansage, dass aufgrund von Weichenstörungen sich die Bahnfahrt "auf unbestimmte Zeit" verzögern würde. 30 Minuten lang ging es nicht vorwärts. Am Zielort musste ich mir dann ein Taxi nehmen um das Krankenhaus noch pünktlich zu erreichen.
Auch wenn es ein kleines Kreiskrankenhaus ist, so ist jeder neue Ort erst einmal unbekannt und wie ein Labyrinth - aber die Personalabteilung ließ sich finden. Dort gab es für die neuen PJler einen langen Laufzettel den wir nun innerhalb einer Woche durchgehen müssen: zur Wäscherei, zum Schlüssel abkommen, eine Unterschrift von der Rezeption, der Kasse, der Apotheke, dem Labor, der Pflegeleitung, der Lohnbuchhaltung, dem Betriebsarzt, dem Chefarzt, dem ärztlichen Leiter, EDV, Sicherheit usw.
Dafür gab es dann für jeden auch gleich ein tolles Namensschild mit Foto drauf.
Unterwegs habe ich mich natürlich immer wieder verlaufen, aber das wird zu Beginn bestimmt öfters noch vorkommen. Einige bekannte Gesichter habe ich auch noch getroffen.
Dann konnte ich mich auf meiner neuen Station vorstellen, und war gerade rechtzeitig da als die Visite losging. Nun war es wieder der Normalfall, dass wir von Zimmer zu Zimmer gingen (und nicht wie in der Augenklinik, dass alle Patienten nach und nach zu uns kamen). Nach den ersten Zimmern hatte ich den Eindruck, dass ich in einem Alten- und Pflegeheim gelandet bin; die meisten Patienten sind mehr oder weniger starke Pflegefälle aufgrund von kardialen, pulmonalen oder gastrointestinalen Störungen - bzw. multimorbide Fälle die einfach alles gleichzeitig haben, inklusive eines schweren Diabetes mit Folgekomplikationen. Auch eine nicht mehr ansprechbare Patientin (nach einem Schlaganfall) lag dort, wo ich zugucken konnte wie die Ärztin eine Magensonde mit großer Mühe gelegt hat. Einfacher ging es bei einem Patienten bei normalem Bewusstsein (dafür quälender für ihn). Bei ihm besteht ein dringender Verdacht auf ein Magenkarzinom (Magenkrebs), welcher den Magen so sehr einengt, dass der Speisebrei nicht durch kann. Dies führt zu regelmäßigem Erbrechen. Zur Entlastung bekam er desshalb nun die Magensonde.
Positiv überraschend war, dass die Internisten sich eine reguläre Mittagspause gönnen. Während meine lieben Augenärztinnen nie zum Essen kamen, waren wir heute alle vom Studenten bis hin zum Chefarzt an einem Tisch in der Kantine. Zwar kostet das ganze eine Kleinigkeit, aber bei meiner neuen Vergütung kann ich mir das jetzt auch regelmäßig gönnen.
Zufriedenen und satte Mitarbeiter sind dann auch besser motiviert.
Nachmittags gab es dann die Spätbesprechung aller Internisten, wo Neuaufnahmen, Problemfälle und interessante Befunde des Tages besprochen wurden. Anschließend machte der Chefarzt noch die ITS (Intensivstation) Visite, wo 3 internistische Patienten lagen.
Einer mit einem septischen Multiorganversagen, bei dem man jederzeit mit dem Tod rechnet, dann ein Patient der künstlich beatmet werden musste, und schließlich einer der sich in suizidaler Absicht 50 Schlaftabletten eingenommen hat - doch daran wird er nicht sterben. Stattdessen landet er sicher demnächst in der geschlossenen Psychiatrie.
Bereits um 15 Uhr war dann Feierabend.
Montag, 29. März 2010
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